Donnerstag, 28. April 2022

9. Deutscher IT-Rechtstag Berlin

 

In Berlin hat der 9. Deutsche IT-Rechtstag begonnen; ich nehme natürlich teil. Das Programm verspricht einiges; ich habe die Topics unten aufgeführt. 

Der Keynote-Vortrag aus dem Ministerium für Digitales und Verkehr war zwar interessant, machte mich aber auch wieder etwas stutzig: Man will z.Zt. durch eine neue Verordnung den „Data-Driven“-Markt weiter regulieren und auch vereinfachen; dabei steht offenbar mal wieder das Thema „Cookies“ an relativ vorderer Stelle. Daß die wirklichen Platzhirsche der IT-Welt - allen voran Google - planerisch eigentlich schon im „post-Cookie-Zeitalter“ sind, scheint sich noch nicht herum gesprochen zu haben. Mal sehen, was noch kommt. 


Tag 1:

 

❏ Keynote: Digitalpolitische Schwerpunkte der Bundesregierung

Frank Krüger, Ministerialdirigent, Leiter der Unterabteilung DP 2, Datenpolitik, KI, Bundesministerium für Digitales und Verkehr, Bonn


❏ Digitalisierung im Rechtsmarkt – internationale Trends

Dr. Cord Brügmann, Rechtsanwalt, Berlin


❏ Die Top Five bei der Beratung KI-implementierter Produkte in der anwaltlichen Praxis

Dr. Christiane Bierekoven, Rechtsanwältin, Fachanwältin für IT-Recht, Dr. Ganteführer, Marquardt & Partner Rechtsanwälte, Düsseldorf


❏ Ausblick auf das Metaverse: In greifbarer Zukunft?

Semjon Rens, Public Policy Director DACH, Meta, Berlin


❏ Metaverse – Neue Herausforderung für die anwaltliche Beratung?

Dr. Jonas Jacobsen, Rechtsanwalt, HK2 Rechtsanwälte, Berlin


❏ Health Apps entwickeln – oder doch lieber Wellness Apps?

Boris Arendt, Datenschutzbeauftragter, Jost Blöchl, Rechtsanwalt, BIOTRONIK, Berlin


❏ DiGAs und Telematik: Sozial- und Medizinrecht an der Schnittstelle zum IT-Recht

Charlotte Guckenmus, LL.M., Rechtsanwältin, zert. DSB, Frankfurt (Main)


❏ Wrap Up von Tag 1

Karsten U. Bartels, Rechtsanwalt, Vorsitzender der AG IT-Recht (davit) im DAV, HK2 Rechtsanwälte, Berlin


Tag 2: 


❏ Mitgliederversammlung der Arbeitsgemeinschaft IT-Recht (davit)


❏ Digitales Vertragsrecht, Teil 1:

Neue Anforderungen an die Produkt- und Vertragsgestaltung

Dr. Kristina Schreiber, Rechtsanwältin, Fachanwältin für Verwaltungsrecht, Loschelder Rechtsanwälte, Köln


❏ Digitales Vertragsrecht, Teil 2:

Praxisbeispiele von „A“ wie Aktualisierungspflichten bis „Z“ wie Zustimmungserfordernis Dr. Kristina Schreiber, Rechtsanwältin, Fachanwältin für Verwaltungsrecht, Loschelder Rechtsanwälte, Köln


❏ Das Mandat im IT-Strafrecht

Dr. Eren Basar, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Strafrecht, CIPP/E, Wessing & Partner Rechts- anwälte, Düsseldorf


❏ IT-Ermittlungsmaßnahmen - Beweiserhebung trotz Verschlüsselung?

Diana Nadeborn, Rechtsanwältin, Fachanwältin für Strafrecht, Tsambikakis & Partner Rechts- anwälte, Berlin


❏ Steuerrecht überall – auch bei IT-Leistungen: Schwerpunkte für Beratung und Gestaltung

Dr. Tobias Sedlmeier, Rechtsanwalt, Fachanwalt für IT-Recht, Dr. Sedlmeier & Dr. Dihsmaier, Rechtsanwälte, Heidelberg


❏ IT-Recht und nationale Sicherheit

Verena Jackson, Rechtsanwältin, Jackson Legal/Researcher & Lecturer, Universität der Bun- deswehr, München


❏ Outro und Ausblick auf 2023

Karsten U. Bartels LL.M., Rechtsanwalt, Vorsitzender der AG IT-Recht (davit) im DAV, HK2 Rechtsanwälte, Berlin



Dienstag, 26. April 2022

Uploadfilter in gewissen Grenzen zulässig

Das vorerst letzte Wort in der Debatte über Uploadfilter ist nun vom EuGH gesprochen worden. In der heutigen Entscheidung zu Artikel 17 der EU-Urheberrechtsrichtlinie, die wegen einer dagegen gerichteten Klage Polens notwendig geworden war, hielten es die Richter für grundsätzliche grundrechtekonform, wenn Plattformbetreiber die von Nutzern hochgeladenen Inhalte vorab auf potentielle Urheberrechtsverstöße überprüfen und dabei auch automatisierte Prüfverfahren (Filteralgorithmen) einsetzten. Gerade hiergegen richtete sich der Zorn der Internetcommunity und waren noch vor wenigen Jahren zahlreiche Aktivisten auf die Straßen gegangen.
Voraussetzung (...der Rechtmäßigkeit...) sei, daß die EU-Gesetzgeber "eine klare und präzise Grenze" für die Filteraktivitäten gezogen hätten. Demnach müsse klar sein, daß die Betreiber rechtmäßige Inhalte beim Hochladen weder filtern noch sperren.

Besondere Bedeutung bekommt hierdurch gerade der "deutsche Sonderweg", der von Rechteinhabern in der Vergangenheit immer mal wieder kritisiert wurde. Das UrhDaG sieht hierzu den Kunstgriff der "mutmaßlich erlaubten Nutzungen" vor, die z.B. Zitate, Karikaturen und Parodien ("Memes") betreffen. Diese dürfen nicht gefiltert werden und können vom Nutzer als "legal" markiert werden. Im Gegenzug bekommen die Rechteinhaber jedoch das Instrument der "qualifizierten Blockierung" in § 7 UrhDaG, oft als "roter Knopf" bezeichnet. Hiermit können bestimmte Inhalte direkt blockiert werden, insbesondere etwa bei hochpreisigen Live-Events. Diese Balance könnte sich als genau das erweisen, was der EuGH bei seiner Entscheidung vor Augen gehabt hat.

Interessant sind übrigens noch andere Passagen des Urteils. So sagten die Richter, die Plattformanbieter "müssten Nutzer zudem darüber aufklären, dass verbriefte Freiheiten etwa für Zitate oder Privatkopien weiter gälten."
Gerade das Recht auf Privatkopie wird erfahrungsgemäß von Rechteinhabern immer mal wieder in Abrede gestellt.


Quelle: 

Heise News

Wo sind all' die Panzer hin, wo sind sie geblieben?

Wenn man gegenwärtig die Berichterstattung über den Ukraine-Konflikt  mitliest und Verlustzahlen russischer "Hardware" - also Panzer aller Art - zur Kenntnis nimmt, bekommt man den Eindruck, daß der militärische Vormarsch Russlands mindestens zäher voran geht, als man es sich auf russischer Seite erhofft haben kann. Selbst wenn man einmal von den sicherlich leicht übertriebenen Verlustzahlen der ukrainischen Seite und den sicherlich stark untertriebenen Verlustzahlen russischer Seite jeweils die Hälfte wegstreicht, kommt man jedenfalls Mitte 04/22 auf eine Zahl in der Größenordnung von 500 verlorenen Kampfpanzern auf russischer Seite. Zur Relation: Das ist ungefähr soviel, wie Deutschland und Großbritannien zusammen an aktiven Kampfpanzern besitzen.
Da stellt sich unwillkürlich die Frage: Ist das eigentlich viel? Wie viele Panzer hätte Russland eigentlich zur Verfügung? Es gibt das Internet, also zählen wir mal nach!
Laut "offizieller Quellen" verfügt  Russland über die beeindruckende Zahl von etwa 22.000 Kampfpanzern; wobei hier alles mitgerechnet ist, was irgend wann einmal eine Kanone hatte. Rechnet man hiervon die "Reserve" ab, also alle stillgelegten und "theoretisch" wieder verfügbaren Fahrzeuge, kommt man auf 6.500 "aktive" Kampfpanzer. Davon wären 500 Stück 7,69 %. Aber stimmt das eigentlich? Russland bewahrt fast all seine Panzer in recht vollgestellten "Depots" auf, wo man sie erstaunlich gut aus der Luft sehen kann. Auch die Größe der "Schleppdächer", unter denen weitere Einheiten stehen könnten, geben hier keine Rätsel auf. Ohne jeden Anspruch auf Vollständigkeit will ich hier einige Depots mit Satellitenbildern aus 2022 verlinken, von denen es sicher noch viele mehr gibt.


 

Interessant an diesen Bildern ist, daß sie alle aus der "Befliegung" 2022 des französischen Unternehmens CNES stammen; Google Maps ist hier bei der Quellenangeabe recht gründlich.
Die "Aufklärungscommunity" hat diese und andere Bilder ausgewertet und durchgezählt. Bestenfalls ergibt sich hieraus ein Wert von etwa 3.000 aktivierbaren Panzern, von denen vielleicht die Hälfte als gegenwärtig "aktiv" betrachtet werden kann. Davon wären 500 verlorene Einheiten ein Wert von immerhin 16,67 % bzw. 33,33 %. Russland müßte somit ein echtes Interesse daran haben, seine Hardware-Verluste zu begrenzen. Sonst heißt es in wenigen Wochen: "Operation durchgeführt, Abrüstung abgeschlossen". 

Link: FAS.org Quick Reference Guide, US Army Training and Doctrine Command, January 2020

 

Dienstag, 5. April 2022

Corona-Impfungen offenbar auch in größeren Dosen unbedenklich….

Um erklärten Impfgegnern illegal gefälschte Impfausweise verkaufen zu können, hat sich ein Mann aus Sachsen-Anhalt offenbar mindestens 87 mal gegen Covid-19 impfen lassen - teilweise bis zu 3 mal am Tag in verschiedenen Impfzentren des Bundeslandes Sachsen. 

Er hat dazu jeweils einen neuen Blanko-Impfausweis mitgebracht, der vor Ort ausgefüllt wurde. Nach den jeweils zwei Impfungen hat er dann das Deckblatt vorsichtig abgetrennt und den Ausweis mit einem neuem Deckblatt mit den Daten des Käufers versehen. 

Der Betrug war erst aufgefallen, als der Mann Mitarbeitern des Roten Kreuzes verdächtig vorkam, die diesen bereits mehrfach zur Impfung „abgefertigt“ hatten. Diese haben sodann andere Impfzentren vorgewarnt; der Mann wurde dann von der Polizei am Impfzentrum Eilenburg in Empfang genommen. 

Nach einer ersten Untersuchung finden sich bei dem 60-jährigen keine gesundheitlichen Auffälligkeiten; die zahlreichen Impfdosen schaden genau so wenig, wie sie nützen. Das Immunsystem paßt sich der dauernden Auffrischung an und reagiert irgend wann gar nicht mehr darauf. 

An der Vorgehensweise zeigt sich, daß es tatsächlich keine zentrale Erfassung von Impfungen gibt: Hier wäre die unnötig häufige Impfung sofort aufgefallen. Nur durch das „Wiedererkennen“ des Mannes seitens der Mitarbeiter konnte der Impfbetrug aufgedeckt werden. 


Während dieser Fall keine großen rechtlichen Fragestellungen aufwirft - der Mann wird regulär wegen Urkundenfälschung angeklagt werden - stellt ein Fall aus Österreich die Justiz vor interessante rechtliche Fragestellungen. 

Hier hatte ein Impfgegner einem Privatarzt ein hohes Honorar geboten, damit dieser ihm Kochsalzlösung spritzt und dies als Impfung attestiert. Hierzu hatte er die normalen Impfunterlagen und -belehrungen ausgefüllt. Nach der „Tat“ wollte er jedoch das vereinbarte Honorar nicht zahlen und drohte dem Arzt mit Strafanzeige. Der Arzt stellte darauf hin selbst Strafanzeige wegen Eingehungsbetruges und konnte nachweisen, daß er dem Impfgegner tatsächlich nicht Kochsalzlösung, sondern die ordnungsgemäße Impfung verabreicht hatte. Nun stellt sich die Frage, ob in der absprachewidrigen, aber schriftlich genehmigten Impfung eine Körperverletzung gesehen werden könnte. Der Impfgegner hatte ja in das Setzen der Spritze grundsätzlich eingewilligt. Nur enthielt diese tatsächlich nicht - wie sich der Patient vorgestellt hatte - Kochsalzlösung, sondern - wie er zuvor noch einmal mündlich und schriftlich belehrt worden war und auch unterschrieben hatte - den Impfstoff. Es steht daher die schriftliche Einwilligung gegen das dem Arzt bekannte Vorstellungsbild des Patienten. Auch fehlt es wohl am subjektiven Tatbestand, also dem mindestens bedingten Vorsatz des Arztes, den behandelten Patienten schädigen zu wollen. Nach kaum widerleglicher Einlassung ist eher das Gegenteil der Fall. 

Die Annahme eines erhöhten Honorars für die Impfung ist im privatärztlichen Bereich grundsätzlich nicht verboten, sofern ein ordnungsgemäßer Behandlungsvertrag vorliegt. Das war hier der Fall. Auch ein Betrug seitens des Arztes ist schwierig zu konstruieren, da es an einer objektiven Vermögensschädigung fehlt: Bei objektiv-wirtschaftlicher Betrachtungsweise hat der Patient für sein Geld sogar weit mehr als wertlose Kochsalzlösung erhalten. 

Es könnte daher sein, daß das zugegebenermaßen etwas dubiose Handeln des Arztes keinen Straftatbestand verwirklicht. 


Quelle zu (1): Spiegel