Donnerstag, 21. Februar 2019

Art. 13- Kompromiss durchgewunken - wann kommen die Uploadfilter?


Viel Zeit bleibt und nicht mehr, die neue EU-Urheberrechtsnovelle aufzuhalten. Gestern hat der Kompromissvorschlag der Verhandlungsführer die vorletzte große Hürde passiert: Er wurde im Ministerrat durchgewunken. Jetzt muss nur noch das EU-Parlament im Plenum zustimmen, damit die Richtlinie in Kraft treten kann.
Der Kern der Kritik an dieser Urheberrechtsreform entfacht sich - wie man im zahlreichen YouTube-Beiträgen und Blogartikeln sehen kann - an Art. 13 des Entwurfs. Was regelt dieser eigentlich? Überschrieben ist die Norm mit: "Nutzung geschützter Inhalte durch Diensteanbieter der Informationsgesellschaft, die große Mengen der von ihren Nutzern hochgeladenen Werke und sonstigen Schutzgegenstände speichern oder zugänglich machen. Ich habe die Norm einmal hier im Volltext zitiert:
Artikel 13 
Nutzung geschützter Inhalte durch Diensteanbieter der Informationsgesellschaft, die große Mengen der von ihren Nutzern hochgeladenen Werke und sonstigen Schutzgegenstände speichern oder zugänglich machen
1.Diensteanbieter der Informationsgesellschaft, die große Mengen der von ihren Nutzern hochgeladenen Werke und sonstigen Schutzgegenstände in Absprache mit den Rechteinhabern speichern oder öffentlich zugänglich machen, ergreifen Maßnahmen, um zu gewährleisten, dass die mit den Rechteinhabern geschlossenen Vereinbarungen, die die Nutzung ihrer Werke oder sonstigen Schutzgegenstände regeln, oder die die Zugänglichkeit der von den Rechteinhabern genannten Werke oder Schutzgegenstände über ihre Dienste untersagen, eingehalten werden. Diese Maßnahmen wie beispielsweise wirksame Inhaltserkennungstechniken müssen geeignet und angemessen sein. Die Diensteanbieter müssen gegenüber den Rechteinhabern in angemessener Weise darlegen, wie die Maßnahmen funktionieren und eingesetzt werden und ihnen gegebenenfalls über die Erkennung und Nutzung ihrer Werke und sonstigen Schutzgegenstände Bericht erstatten.
2.Die Mitgliedstaaten müssen gewährleisten, dass die in Absatz 1 genannten Diensteanbieter den Nutzern für den Fall von Streitigkeiten über die Anwendung der in Absatz 1 genannten Maßnahmen Beschwerdemechanismen und Rechtsschutzmöglichkeiten zur Verfügung stellen.
3.Die Mitgliedstaaten erleichtern gegebenenfalls die Zusammenarbeit zwischen den Diensteanbietern der Informationsgesellschaft und den Rechteinhabern durch Dialoge zwischen den Interessenträgern, damit festgelegt werden kann, welche Verfahren sich beispielsweise unter Berücksichtigung der Art der Dienste, der verfügbaren Technik und deren Wirksamkeit vor dem Hintergrund der technologischen Entwicklungen als geeignete und angemessene Inhalteerkennungstechniken bewährt haben.

Nach der Vorstellung des Gesetzgebers soll sich die Vorschrift an Unternehmen der Contentbranche richten; wie etwa YouTube, Vimeo oder andere Plattformen, die user generated content hosten und zur Verfügung stellen. Diesen Plattformen wird nun eine Pflicht aufgebürdet, Maßnahmen durchzuführen, mit denen sie gewährleisten können, dass die mit den Rechteinhabern geschlossene  Nutzungsvereinbarungen eingehalten werden.
Außerdem müssen die Diensteanbieter gegenüber den Rechteinhabern in "angemessener Weise" darlegen, wie die Maßnahmen funktionieren und wie sie eingesetzt werden.
Anders ausgedrückt bedeutet das, dass eine Plattform wie etwa YouTube sich eine technische Lösung überlegen muss, um zu verhindern, dass die Urheberrechte  bzw. kommerziellen Nutzungsrechte von Rechteinhabern bei uploads verletzt werden. In der Regel - so sieht es jedenfalls die Internetcommunity - wird dies durch Uploadfilter gewährleistet werden. Was verändert sich also zum jetzigen Zustand? Auch jetzt schon benutzt YouTube einen Filteralgorithmus, um festzustellen, ob etwa die Hintergrundmusik von YouTube Videos zu monetarisieren ist oder ob ein Rechteinhaber beispielsweise an den Einnahmen beteiligt werden muss. Bei nicht freigegebenen, also nicht lizensierten Musiktiteln, bekommt der Verfasser des Videos als Verwarnung beispielsweise einen sogenannten "Strike".  Dieser zeigt, dass er sich nicht an die Veröffentlichungsregeln von YouTube gehalten hat. Diese Filter, die momentan bereits benutzt werden, wirken jedoch im Nachhinein. Das bedeutet: Wie es auch überall sonst im Leben üblich ist, kann jeder erst einmal tun was er möchte. Und erst im Nachhinein kann dann ein Rechteinhaber entweder direkt sich an YouTube wenden, oder YouTube kann den content, soweit er bereits bekannt ist, über seinen Filteralgorithmus einer Verletzung zuordnen.
Das neue an Art. 13 ist, dass diese Maßnahmen möglicherweise bereits im Vorhinein genutzt werden müssen. Das bedeutet: Ein Werk, das geschützten oder mutmaßlich geschützten content beinhaltet, kann gar nicht erst hochgeladen werden, wenn der Uploadfilter der Meinung ist, das von dem Werk eine Rechtsverletzung ausgeht. Das Problem hierbei ist, dass Algorithmen - trotz aller Fortschritte - immer noch relativ dumm sind. Sie können nicht, wie etwa ein Rechtsanwalt, bewerten, ob ein urheberrechtlich geschütztes Werk aufgrund bestimmter Ausnahmeregelungen (wie etwa der Zitatenfreiheit oder einer anderen berechtigten Verwendung) in dem konkreten Kontext doch verwendet werden darf.
Ich habe dies bei einem YouTube-Video selbst einmal erlebt. Ich hatte als Hintergrundmusik ein Musikwerk unter der "creative commons" genutzt. Dieses Musikwerk durfte in dem Video in der von mir verwendeten Weise verwendet werden. Nun gab es in diesem Werk eine relativ charakteristische Drumloop. Dieselbe Drumloop wurde von einem amerikanischen Rapper für ein anderes Werk verwendet,  welches dieser später veröffentlicht und bei YouTube angemeldet hatte. Der Contentfilter von YouTube hat nun das bei mir im Hintergrund verwendete Musikstück fälschlich als Werk dieses Rappers erkannt und wollte mein Video zwangsmonetarisieren, obwohl ich dies bei meinen Videos ablehne. Ich musste daher formal eine Beschwerde bei YouTube einreichen und um Überprüfung des Sachverhaltes bitten. Nach einigen Tagen konnte ich das Werk verwenden wie vorgesehen.
Man kann sich vorstellen, dass dieser Weg bei einer Vorabfilterung ein beschwerlicher ist. Wollte man nämlich beispielsweise Videos zu aktuellen Themen uploaden, dann hätte man innerhalb der Prüfungsfrist - und diese kann durchaus ein paar Tage dauern - überhaupt keine Möglichkeit, das Video zu verbreiten. Da alle größeren Plattformen eine ähnliche Filtertechnologie verwenden werden, ist das Ausweichen auf eine andere Plattform keine Option. Danach ist das Ereignis, um das es geht, möglicherweise sowieso bereits vorbei und das Interesse an einer Veröffentlichung möglicherweise bereits wieder gering. Man sieht also, dass die ernstzunehmende Gefahr einer erheblichen Beschränkung der Meinungs- und Redefreiheit und Vielfalt durch Vorab- Contentfilterung führt.

Links / Youtuber zu Art 13:

Krewkast
Kanzlei WBS, RA Solmecke
Youtube - Stellungnahme
Heisenews
Piratin Julia Reda

Mittwoch, 20. Februar 2019

Kosten durch lange Wartezeiten bei Bauämtern

In einem Beitrag zum "Morgenecho" bei WDR 5 hat mein Kanzleikollege Dr. Neumann zu einem - gerade in Münster - virulenten Thema Stellung genommen. Durch Personalmangel dauert die Bearbeitung von normalen Bauanträgen teilweise bis zu acht Monaten. In einer Stadt wie Münster, in der die Immobilienpreise immer weiter durch die Decke schießen, sind solche Wartezeiten bares Geld. Nicht nur Neuanträge, auch Umnutzungen müssen ja oft zügig umgesetzt werden, da ein Unternehmen evtl. auf den neuen Standort wartet.
Mehr dazu:

Radiosendung in der WDR 5 - Mediathek
Blogeintrag bei Rechtsanwalt Dr. Neumann