Im Ermittlungsverfahren zu einer Strafanzeige gegen Verantwortliche der Fa. DigiProtect GmbH, die ich im Mai dieses Jahres gestellt hatte, gibt es nun eine erstaunliche Wende zu berichten.
Hintergrund der Anzeige war, daß in letzter Zeit sich unter den üblichen Tauschbörsen-Abmahnungen immer häufiger solche fanden, bei denen aus sog. „Samplern“ oder „best-of“-Alben jeweils nur ein einziger Musiktitel abgemahnt wurde. Trotzdem mußte zu Zwecken der Beweissicherung – auch vom Rechteverwerter – jeweils die vollständige Archivdatei mit sämtlichen Werken der verschiedensten Urheber heruntergeladen werden.
Eine Praxis, die nach meiner Auffassung unzulässig ist. Denn: Die Rechteverwerter besitzen in aller Regel auch nur die abgetretenen Nutzungsrechte von einigen wenigen Werken. Eine generelle Erlaubnis, das Urheberrecht anderer Autoren zu brechen, um eigene zivilrechtliche Ansprüche zu verfolgen, gibt es dagegen nicht. Die Ausnahmetatbestände des UrhG umfassen hierzu keine Regelung. Im Gegenteil dürfte es sich sogar um einen Fall des § 108a I UrhG handeln, da die Rechteverwerter bzw. die von diesen beauftragten Ermittlungsfirmen das Herunterladen der geschützten Werke gewerbsmäßig, also zur Gewinnerzielung im Rahmen einer nachhaltigen Tätigkeit, betreiben.
Die Staatsanwaltschaft Frankfurt hatte das Verfahren zunächst wegen fehlenden Anfangsverdachtes mit einer nicht zutreffenden Begründung eingestellt (§ 152 II StPO). Auf meine Beschwerde mit weiteren Ausführungen vom Sachverhalt hin hat die Staatsanwaltschaft das Ermittlungsverfahren wieder aufgenommen, nun aber interessanterweise gem. § 153 I StPO „von Verfolgung abgesehen“. Dies ist mit Zustimmung des zuständigen Gerichtes möglich, wenn die Schuld des Täters als gering anzusehen ist und kein öffentliches Interesse an einer weiteren Verfolgung besteht. Zwar ist das Ermittlungsverfahren damit im Ergebnis ebenfalls eingestellt, fest steht jedoch, daß die Staatsanwaltschaft einen strafrechtlichen Verstoß grundsätzlich für gegeben hält!
Was dies nun für die weitere Vorgehensweise der Rechteverwerter bedeutet, bleibt abzuwarten. Möglicherweise wird man sich jetzt gezwungen sehen, bei allen Abmahnungen, die musikalische Sammelwerke zum Gegenstand haben, zunächst die Rechte aller beteiligten Urheber einzuholen – kaum vorstellbar, daß hiermit alle einverstanden sind. Oder man wird sich auf die Verfolgung von "Einzeltaten", also dem Download einzelner Titel, beschränken. Da stellt sich natürlich die Frage, ob man noch so herrlich hohe Streitwerte ansetzen darf...
Als interessante Randnotiz stellt sich die Tatsache dar, daß die Generalstaatsanwältin in Karlsruhe mit einer „der Zweck heiligt die Mittel“-Begründung in einem parallel gelagerten Fall genau zum umgekehrten Ergebnis gekommen ist. Hier hat man einfach den übrigen Urhebern eine Einwilligung „in den Mund geschoben“, da Zweck der Tätigkeit ja nicht „die Verbreitung, sondern die Bekämpfung des Urheberrechtsverstoßes“ sei.