Recht(s) und Links - das Recht und Technik -Blog von IT-Fachanwalt Jürgen Hüneborn aus Münster. Meldungen, Fachartikel, Besprechungen - alle Kuriositäten, die mir so täglich über den Weg laufen, werden hier kommentiert und für Sie seziert! Viel Spaß bei der Lektüre.
Donnerstag, 7. Januar 2016
Der digitale Nachlass...
Eine interessante Entscheidung hat nun offenbar das Landgericht Berlin in Sachen "digitaler Nachlaß" getroffen.
Eltern hatten gegen Facebook auf Zugang zu dem Facebook-Account ihre verstorbenen Kindes geklagt. Das Account war von Dritten in den "Gedenkzustand" versetzt worden, so daß die Eltern selbst mit ihrem Paßwort dort keine Änderungen vornehmen konnten.
Das Gericht vertritt die Auffassung, daß es nicht gerechtfertigt sei, den "digitalen Nachlaß" anders zu behandeln als z.B. Briefe, Tagebücher oder andere physische Hinterlassenschaften. Diese gehen ja ebenfalls unproblematisch ins Eigentum des Erben über.
Interessant ist, daß das Gericht mit einem Satz über eine unter IT-Juristen häufig gesehene Problematik "hinwegbügelt": Gemäß § 1922 BGB betrifft die Gesamtrechtsnachfolge im Erbrecht nur das "Vermögen" der verstorbenen Person, also alle wirtschaftlich relevanten Rechte. Unter Juristen war es umstritten, ob ein "Spaßprofil" bei einem sozialen Netzwerk überhaupt einen Vermögenswert darstellt, da ihm keinerlei wirtschaftlicher Wert zugeordnet werden kann. Dies sieht bei beruflich genutzten Profilen natürlich anders aus.
Das Gericht hat diese Klippe umschifft, indem es auf den Nutzungsvertrag mit Facebook abgestellt hat und als maßglichen Vermögenswert das Zugriffsrecht auf die Facebook-Server in Irland ansieht. Dieses Recht sei "Vermögen" im Sinne des § 1922 BGB.
Darüber hinaus konnten sich die Eltern als Erziehungsberechtigte eines minderjährigen Kindes auch auf ihr Erziehungsrecht und die damit einhergehende Einsichtnahme in die Kommunikation ihres Kindes berufen.
Interessant würde noch die Frage, ob das Gericht beim Facebook-Account eines Volljährigen aus Datenschutzgründen genau so entscheiden würde.
Quellen:
Heise-News
verlinktes Urteil