Dienstag, 2. Januar 2018

Das große Löschen

Alles Gute an meine Leser im neuen Jahr! Ich hoffe, Sie hatten alle ruhige Feiertage.
In Deutschland beginnt jedenfalls ab sofort "das große Löschen": Daß Politiker aus populistischen Gründen eine verfassungswidrige Konstruktion zu Gesetzesrang erheben, wäre nicht das erste mal. Ob allerdings dem "NetzDG", also dem "Gesetz zur Verbesserung der Rechtsdurchsetzung in sozialen Netzwerken Netzwerkdurchsetzungsgesetz - NetzDG)" diese Ehre zu teil werden wird, ist noch nicht ganz klar.
Klar ist jedoch, daß bei den Betreibern sozialer Netze eine gewisse Nervosität herrscht. Das beste Geschäft mache die nämlich bei minimalem Personaleinsatz (Algorithmen statt Angestellte -> bei youtube), das NetzDG erfordert jedoch Entscheidungen, die von jemandem getroffen werden müssen. Manche Kritiker sagen, man würde hier private Dienstanbieter zu Richtern erheben. So ganz kann ich das nicht nachvollziehen, denn letztlich gilt ja ohnehin für jeden Dienstanbieter die Privatautonomie. Manche Menschen verwechseln Facebook mit dem Internet. Klar ist allerdings auch, daß Dienstanbieter bei fehlendem Personal "im Zweifel lieber löschen" werden. Einer Kultur der freien Meinungsäußerung von wehrhaften, informierten Bürgern auf Augenhöhe dient das sicher nicht. Schade eigentlich, denn "damals", als ich so gegen 1995 zum ersten Mal von diesem "World Wide Web" gehört hatte, hielt ich das genau deshalb für eine gute Idee.
Zudem wird durch das NetzDG möglicherweise eine Welle der gesteuerten Empörungsmaschinerie in Gang gesetzt werden. Den Anfang können wir bereits beobachten, der Spiegel hat bereits eine passende Handlungsanleitung zum seltsamen Fall der Frau Storch entwickelt.
Ob das NetzDG demnach tatsächlich seinen Sinn erfüllen wird - jedenfalls in dem Zeitraum, bevor es möglicherwiese vom BVerfG kassiert wird - die Zukunft wird es zeigen! Und das WWW wird es überleben. Da bin ich sicher!

PS.: Ein Gutes hat das neue Gesetz aber: Endlich haben wir eine Legaldefinition des Begriffes "soziale Netzwerke", in § 1 des Gesetzes:
"Telemediendiensteanbieter, die mit Gewinnerzielungsabsicht Plattformen im Internet betreiben, die dazu bestimmt sind, dass Nutzer beliebige Inhalte mit anderen Nutzern teilen oder der Öffentlichkeit zugänglich machen (soziale Netzwerke)..."

Textfassung NetzDG